Gerste

Entstehung

Im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes im Nahen Osten ist die Kulturgerste aus der Wildgerste hervorgegangen. Um 48000 v. Chr. wurde bereits Wildgerste gesammelt, doch dauerte es bis 8000 v. Chr. bis die ersten Kulturformen auftraten. Gerste war ursprünglich die wichtigste Getreideart in der Schweiz. 7000 Jahre lang wurde die Gerste ununterbrochen in der Schweiz angebaut. Das Saatgut wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und Frühreife konnte sie von den tiefsten Lagen bis hoch hinauf in entlegene Alpentäler angebaut werden. Die Gerste wurde für Brot, Brei, Mus, Bier, Mehl aus gerösteter Gerste, bis hin zu Abkochungen für medizinische Zwecke verwendet. Sie spielte früher als Hauptnahrungsgetreide eine wichtige Rolle. Ab dem 18. Jahrhundert wurde die Bedeutung von Gerste in der Ernährung kleiner. Vor 50 Jahren wurde der Anbau in den Randregionen aufgegeben und in günstigen Lagen wurden schweizerische Sorten durch ausländische Sorten verdrängt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Gerstenzüchtung vollständig eingestellt. Heute wird Gerste vor allem als Futtergetreide angebaut (Schilperoord, 2013). Seit 2003 wird Bio Braugerste im Berggebiet von Graubünden angebaut. Dank ihrer frühen Blüte hat die Sommergerste eine sehr kurze Vegetationszeit und ist deshalb für den Anbau in den höchsten Lagen geeignet. Im Gegensatz zur Schweiz, wo ausländische Sorten dominieren, finden sich in den riesigen Anbaugebieten der USA Sorten mit Schweizer Herkunft. Eine Landsorte aus der Region vom Sempachersee hat sogar den Gerstenanbau in Nordamerika Mitte der dreissiger Jahren während einer Schwarzrostepidemie gerettet. Nur eine einzige Pflanze konnte der Krankheit widerstehen – und sie stammte von der Schweizer Landsorte ab. Die Schwarzrostresistenz des Mittleren Westens stammt also von dieser Sorte ab (Schilperoord, 2013).

Botanik

Bei der Gerste (Hordeum vulgare) sind die Spelzen mit dem Korn verwachsen (Dierauer, 2010). Die Gerste hat die längsten Grannen, diese können doppelt so lang sein wie die Ähre. Wenn die Blätter ihre Assimilationsfähigkeit mangels Wasser eingestellt haben, assimilieren die Grannen weiterhin. Deshalb und auch wegen der kurzen Vegetationszeit kann Gerste in trockeneren Regionen angebaut werden als Weizen. Im Gegensatz zu Weizen, der begrannte wie auch unbegrannte Sorten hat, findet man bei der Gerste keine grannenlose Sorte. So wie auch der Roggen, ist die Gerste ein Grannengetreide.

Im Vergleich zu anderen Getreidearten blüht die Gerste extrem früh. Eine weitere Besonderheit ist der Bau der Gerstenähre. Diese kann 2- oder 6-zeilig sein. Die Ährenspindeln tragen links und rechts abwechselnd drei kurze Seitensprossen. Pro Seitenspross wird höchstens eine Blüte vollkommen ausgebildet. 2-zeilig ist die Ähre wenn nur die mittlere Blüte fruchtbar ist, also ein Korn pro Ansatzstelle bildet und 6-zeilig wenn auch die seitlichen Blüten fruchtbar sind, also drei Körner pro Ansatzstelle bilden. Bei der Gerste wird zwischen nackten bzw. freidreschenden und bespelzten Sorten unterschieden. Bei der Spelzgerste wird das Korn mit der Deck- und Vorspelze verklebt und während der Reifezeit sind sie wie angeklebt und lassen sich schlecht entfernen (Schilperoord, 2013).

Anbau

Im Jahr 2022 wurden 2862 Aren Speisegerste, 5226 Aren Braugerste Berg und 1005 Braugerste Tal und  angebaut. Die abgelieferte Menge für Gran Alpin lag bei 75.4 Tonnen Speisegerste, 169.9 Tonnen Braugerste Berg, 36.1 Tonnen Braugerse Tal und 2.7 Tonnen Betagerste.

Speisegerste wird in den Regionen Albula, Avers, Surselva, Unterengadin, Domleschg, Oberhalbstein, Heinzenberg und Münstertal angebaut, Betagerste auf dem Hof Dusch in Paspels und Braugerste Berg in den Regionen Albula, Schams, Surselva, Unterengadin, Heinzenberg und Oberhalbstein. Braugerste Tal wird in der voralpinen Hügelzone bzw. Talzone von Thusis bis Landquart angebaut. 

Besonderes bei Gran Alpin

Hauptabnehmerin der Braugerste ist die Brauerei Locher in Appenzell, welche das „Gran Alpin Bier“ braut. Die Brauerei Locher produziert aus unserer Berg Braugerste für Coop das "Gran Alpin Amber" und "Gran Alpin Lager" sowie aus unserer Tal Braugerste das "Gran Alpin Senza". Weiter brauen die Bieraria Engiadinaisa in Tschlin und die BierVision in Monstein Bier aus Gran Alpin Malz.

Die Gerste für die Brauereien in Tschlin und Monstein wird in der Schweizer Mälzerei AG in Wildegg vermälzt.

Literaturverzeichnis

Dierauer, H. (2010). Merkblatt Biogetreide. Nr. 1011 . (Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL, Hrsg.) Frick.

Schilperoord, P. (November 2013). Kulturpflanzen in der Schweiz – Gerste. (Verein für alpine Kulturpflanzen , Hrsg.) Alvaneu.